DIE MASSNAHME - eine offene Probe



Bühne A, Zürich / Februar 2013
ein Projekt der neuen Dringlichkeit
von und mit Liliane Koch, Christopher Kriese, Rosanna Zünd

Funktion: Musikalische Leitung

Zur Versuchsanlage (Text Liliane Koch)
[...] Das Vorhaben bestand darin, eine von mir vereinfachte Version der Massnahme mit allen Anwesenden zu proben. Wir als Macher nahmen also für diesen Versuch Brechts Lehrstücktheorie, in der Brecht betont, es ginge nicht darum, dass der Zuschauer etwas lerne, sondern vielmehr der Ausführende, beim Wort. Wir wollten die Massnahme nach Leitfaden der Theorie in diesen fünf Stunden von 18:00 bis 23:00 Uhr, in denen wir die Bühne A für uns beanspruchten, so konsequent wie möglich umsetzen.

Es gab also keine Aufführung, sondern Eine Probe. Die Spielregeln hatten wir klar definiert: Es fand zuerst eine Art Konzeptionsgespräch statt. Rosanna Zünd erklärte den musikalischen Zugang zu den Stücken Hanns Eislers und das Lehrstück aus der Musiktheorie nach Paul Hindemith. Ich erklärte kurz die Idee des Lehrstücks von Bertolt Brecht und gab einen kurzen Abriss der Geschichte der Massnahme. Christopher Kriese erklärte die Spielregeln für den Abend. Im Anschluss wurde das Stück von allen Beteiligten im Kreis gelesen.

Dann wurden Gruppen gebildet, die die einzelnen Szenen probten und eine Gruppe, die eine Auswahl der Lieder von Hanns Eisler probte. Daraufhin wurden die einzelnen, erarbeiteten Szenen mit der Musik zusammengesetzt und diejenigen, die gerade nicht spielten, durften den anderen zusehen und sprachen – von Zünd dirigiert – die Texte des Kontrollchors.
Zum Abschluss fand eine Diskussionsrunde statt.

Da kein Aufführungscharakter entstehen sollte, es ausschliesslich um das Erleben des Stückes aus verschiedenen Perspektiven ging, gibt es keine Video-Aufzeichnung des Experiments.



Eine Gruppe von Revolutionären tritt nach der Erfüllung ihres Auftrags vor einen Kontrollchor. Sie wurden getarnt von Russland nach China gesandt, um dort einen Aufstand zu entfachen. Ihre Arbeit war erfolgreich. Doch es gab einen Zwischenfall: Ein junger Genosse wurde getötet. Von ihnen. Sie erstatten nun Bericht darüber, was sie zu dieser Massnahme veranlasst hat. Der Kontrollchor soll entscheiden, ob sie massvoll war oder vermessen. Sie spielen nun verschiedene Situationen vor, in denen der junge Genosse den Fehler macht: Er folgt seinem Mitgefühl.

Brecht selbst verbot die Aufführung des Stücks, da er fürchtete, es könnte als Rechtfertigung für den stalinistischen Terror gelesen werden. Das Stück ist ein Lehr- stück. Nicht der_die Zuschauende lernt, sondern der_die Spielende. Es gibt bei uns keine Aufführung, es gibt eine Probe. Eine. Alle Anwesenden spielen das Stück und es gibt einen Chor, der singt die Lieder von Hans Eisler.

Und jetzt? Dazu brauchen wir DICH. Komm vorbei, bring etwas zu essen mit und beschäftige Dich mit der Frage „Was ist zu tun?“